Ersatzschulen werden vom Staat finanziert. Das ist konsequent, denn die nicht staatliche Ersatzschule nimmt staatliche Aufgaben war. Aber Schulen in privater Trägerschaft werden systematisch benachteiligt und so ihre Arbeit erschwert.
Rechtsdogmatisch ist die Frage danach, ob Ersatzschulen einen Anspruch auf eine staatliche Finanzierung haben gar nicht so einfach zu beantworten. Zumindest steht ein solcher Anspruch nicht ausdrücklich im Gesetzt.
Aber das Bundesverwaltungsgericht hat schon sehr früh entschieden, dass sich aus dem Freiheitsrecht auf Gründung einer Schule in privater Trägerschaft (Art 7 GG) ein Förderanspruch gegen den. Staat ergibt, da anderenfalls das Freiheitsrecht faktisch nicht ausgeübt werden kann.
Als weitere Argumente werden noch der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung von Schulen in freier Trägerschaft genannt und die Einsparung der Kosten des Staates für einen öffentlichen Schulplatz.
Es gibt also eine staatliche Förderpflicht zugunsten nicht-staatlicher Schulen.
Aber: Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen Anspruch deutlich eingeschränkt.
Zum einen legte das Gericht fest, dass es keine individuelle Bestandsgarantie einzelner Schulen gibt, sondern es werde lediglich das Ersatzschulwesen insgesamt geschützt.
Zum anderen leitet das Gericht aus dem „herkömmlichen, der Regelung des Art. 7 GG zugrundeliegenden Bild der Privatschule“ ab, dass sie stets über Träger und Gründer verfüge, die aus ideellem Engagement in eigener Initiative den gewährten Freiraum des Betriebs einer Ersatzschule ausfüllen.
Deshalb sei es gerechtfertigt, den Ersatzschulen eine ihren Interessen an der Verfolgung eigener Ziele und Vorstellungen angemessene Eigenleistung und ein entsprechendes Unternehmerrisiko aufzuerlegen.
Diesen Satz musste ich selbst mehrmals in dem Gerichtsurteil lesen und ich kann es immer noch nicht glauben: Nur weil Menschen besonders engagiert sind und ihre eigene Schule gründen sollen sie weniger Geld für einen Schulplatz bekommen als der Staat? Das ist für mich gar nicht nachvollziehbar.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsprechung aber bestätigt und zudem ausgeführt, dass die Gewährung eines das Existenzminimum der Schulen sichernden Zuschusses ausreiche. Schulen sollen also nur so viel Geld bekommen, dass ihr Existenzminimum gesichert ist.
Das ist sehr problematisch, weil die oben beschriebene Rechtsprechung so schwer zu fassen ist, dass sich kein Schulträger traut gegen die bestehende Gesetzeslage des jeweiligen Bundeslandes zu klagen. Es ist nahezu unmöglich darzulegen und zu beweisen, dass in einem Bundesland das Ersatzschulwesen insgesamt nicht mehr geschützt ist.
Und das ist ungerecht und führt zu einer strukturellen Benachteiligung aller Ersatzschulen. Diese leisten gegenüber den staatlichen Schulen gleichwertige Arbeit, dazu sind sie verpflichtet und diesbezüglich werden sie beaufsichtigt.
Ersatzschulen leisten darüber hinaus wesentlich mehr als öffentliche Schulen. Sie nehmen zum einen Schulträgeraufgaben war, das heißt sie stellen das Schulgebäude und kümmern sich darum; sie schließen Verträge mit den Mitarbeiter*innen und Schüler*innen; sie verwalten die Finanzen und tragen das wirtschaftliche Risiko.
Zudem benötigen Schulen in privater Trägerschaft zusätzlicheGelder für die Umsetzung ihres besonderen pädagogischen Konzepts.
Es gibt Studien, die nachweisen, dass nur ca. 60 % der tatsächlichen laufenden Kosten einer Ersatzschule vom Staat finanziert werden.
Die Einzelheiten der Refinanzierung werden den jeweiligenBundesländern überlassen. Diese setzen die Vorgaben in unterschiedlicher Art und Weise um. Einige haben eine zuschussfreie Wartezeit eingerichtet, eine ArtBewährungsphase. Zudem refinanzieren kein Bundesland zu 100%.
Die meisten Bundesländer geben an die Ersatzschulen nach einer Wartezeit zwischen 2 und 4 Jahren einen Schülerkopfsatz, der sich aus den Personal- und Sachkosten ermittelt.
In Nordrhein-Westfalen gilt das besondere System der Defizitdeckung. Maßstab der Refinanzierung ist die finanzielle Ausstattung einer vergleichbaren Regelschule. Das bedeutet sämtliche von den staatlichen Lernplänen abweichende Unterrichtsinhalten müssen von den Schulen selbstfinanziert werden.
Zudem werden die Einnahmen der Schule, die nicht Beiträge zur Eigenleistung sind zur Defizitdeckung genutzt und mindern also den Zuschuss des Landes. Diese Konstellation führt zu einigem Aufwand für die SchulträgerGelder angemessen zu deklarieren.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Ersatzschulen strukturell benachteiligt werden, möglicherweise auch, weil sie die staatliche Schulplanung stören. Oder weil ihre erfolgreiche Umsetzung der reformpädagogischen Konzepte die Defizite an öffentlichen Schulen erst deutlich macht. Ich jedenfalls habe es immer so empfunden, dass unsere Freie Schule von vielen als Provokation oder gar als Angriff wahrgenommen wurde. Mitarbeiter*innen der Schulaufsichtsbehörde ebenso wie Schulleitungen und Lehrer*innen staatlicher Schulen verfielen regelmäßig in eine Verteidigungshaltung im Gespräch über unsere Schule.
Es wäre wünschenswert, wenn sich diese gesellschaftliche Grundstimmung ändern könnte und Freie Schulen als wertvoller Teil der Schullandschaft gesehen würden, die das Bildungswesen bereichern und in einem konstruktiven Kontext mit dem öffentlichen Schulsystem stehen.