Eine Schulgemeinschaft bilden und bleiben

22.11.2022

Eine gute Schulgemeinschaft ist die Basis für ein freies und selbstbestimmtes Lernen in der Freien Alternativschule

Eine Schulgemeinschaft bilden und bleiben

Freie Alternativschulen werden in der Regel von Eltern, Pädagog*innen und weiteren, interessierten Menschen selbstorganisiert, gegründet und aufgebaut. Hierbei bekommt die Schulgemeinschaft einen anderen Stellenwert, als im regulären Schulsystem. Die Mitwirkung aller Mitglieder dieser Gemeinschaft ist eine wichtige Ressource. Damit eine solche Schulgemeinschaft wachsen und gut funktionieren kann, benötigt sie Pflege.

Gemeinschaft bilden-Gemeinschaft bildet und (ver-)bindet.

Gemeinschaft bilden - Gemeinschaft bildet und (ver-)bindet. Bindung und Beziehung bauen auf gegenseitigem Vertrauen auf und bilden damit die Voraussetzung dafür, dass das Sein und die Bildung an einer Schule gelingen können.

Besucher waren oft von der offenen und herzlichen Kultur unserer Schulgemeinschaft überrascht. Gäste wurden von den Schüler*innen stets herzlich begrüßt und neugierig befragt. In vielen Freien Alternativschulen, in denen ich bisher zu Gast sein durfte, habe ich diese Beobachtung machen können.

Gründen Menschen eine Freie Alternativschule, dürfen sie sich die Frage stellen, was Schulgemeinschaft für sie bedeutet. Wer ist Teil der Gemeinschaft, und wem fällt welche Rolle zu? Welche kleinen Gruppen bilden sich innerhalb der Gemeinschaft, und welche Erwartungen gibt es aneinander? Ein Beispiel ist hier die Rolle der Eltern. Sie gründen die Schule in der Regel federführend mit. Sie investieren viele, viele Stunden, Energie und Geld für ihr ideales Bild von Schule. Doch welche Rolle soll ihnen nach der Gründung zuteil kommen? In welche Entscheidungsprozesse werden sie eingebunden, in welche vielleicht nicht. Ist hier zu Beginn eine gemeinsame Idee entwickelt worden, kann es den Weg in eine funktionierende Gemeinschaft, in der sich alle wohl-und wertgeschätzt fühlen, ebnen. Das gilt natürlich für alle Gruppen innerhalb der Gemeinschaft.

Je kleiner eine Schule ist und je näher die Mitglieder dieser Schulgemeinschaft in ihren Wertvorstellungen beieinander liegen, umso einfacher ist es, sich als Mitglied (Schüler*innen,Mitarbeiter*innen, Eltern...) zu fühlen und Vertrauen in die Gruppe zu haben. Eine wachsende Gemeinschaft braucht Pflege und jede Menge Kommunikation miteinander.

Neben dem Schulalltag stellt sich dann die Frage, wieviel Zeit und Energie eine Schule (und auch jede/r Einzelne) in seine Gemeinschaft investieren möchte und kann. Der immerwährende Dialog miteinander kann ermüden und ist dennoch unerlässlich, um den notwendigen Prozessen Raum zu geben. Das klingt vielleicht anstrengend, und manchmal ist es das sicherlich auch. Hier kann es hilfreich sein, feste Rituale und Wege zu installieren, um es allen leicht zu machen und ressourcenorientiert im Dialog zu sein. Möglichkeiten gibt es viele: Systemische Konfliktlösungsmodelle (wie restorative circles, Gesprächskreise, etc.), regelmäßige Reflexionsabende, Supervision, Stammtische, Beschwerdemanagement uvm. Die Frage ist, welche für eure Schule die richtigen sind.

Wenn dann alle Menschen eurer Schule die Wege kennen, die sie gehen können, kann dies eine große Entlastung sein und Energien schonen.

Die Schüler*innen nicht aus dem Blick verlieren

Nicht selten benötigen besonders die Erwachsenen viel Raum für Kommunikation miteinander. Hierbei gilt es die Schüler*innen nicht aus dem Blick zu verlieren. Kreisen die Erwachsenen zu sehr umeinander und ringen um ihre gemeinsamen Werte und Erwartungen, geht dies meist zulasten der Kinder. Für eine gewisse Zeit kann das in Krisen sicherlich notwendig sein und am Ende die Gemeinschaft voranbringen.

Doch ein dauerhaftes Ringen steht evt. mit dem Ideal einer Schule im Konflikt, in der das Wohl der Schüler*innen im Fokus stehen kann. Eine Gruppe zu installieren, die hier einen besonderen Blick darauf richtet, kann das ggf. verhindern und der Gemeinschaft Rückmeldung geben.

Verantwortung wahrnehmen

Am Ende ist es so, dass wir nicht drum herum kommen, jede/r für sich unsere Verantwortung wahrzunehmen. Erwachsene können ihre eigenen Themen zunächst eigenverantwortlich bearbeiten, bevor sie sie in die Schulgemeinschaft tragen. Egal ob Eltern, Hausmeister*in, Lernbegleiter*in oder Schulleitung. Die eigene Konditionierung zu reflektieren, die eigenen Erwartungen zu hinterfragen, ein Fachbuch zum eigenen Thema zu lesen oder vielleicht auch Themen therapeutisch aufzuarbeiten, entlasten die Gemeinschaft und tragen zum Gelingen bei.

Eine meiner Töchter formulierte es in den ersten Jahren unserer Schule so: „Die Schule ist mein zweites Zuhause. Hier bin ich gerne, hier kenne ich jede/n und hier kann ich ich sein. Und weil ich mich wohlfühle und Vertrauen habe, kann ich ganz selbstbestimmt und frei meine Entscheidungen treffen.“

Eine Gemeinschaft, die einander trägt und in der jede/r seinen Teil der Verantwortung übernimmt, kann dies ermöglichen. Und das Wunderbare daran ist, dass auch wir Erwachsenen durch viele Lernprozesse gehen und davon profitieren können. So wiederum kann eine „Schule für Alle“ entstehen.

Laura Vollmann